Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Theil 3 - S. 268

1880 - Stuttgart : Heitz
268 Neue Geschichte. 2. Periode. Rußland. Das Haus Rurik war nach mehr als 700jähriger Dauer 1-598 mit Feodor Jwanowitsch erloschen; ein russischer Edelmann, Boris Godunow, der schon unter Feodor die Regierung geleitet hatte, wurde zum Herrscher erwählt. *) Gegen ihn trat der angeblich *) Wir tragen hie.r eine kurze Uebersicht der Geschichte des russischen Reiches unter dem Hause Rurik nach. Slavische und finnische Völkerschaften von der Ostküste des baltischen Meeres zur oberen Wolga hin hatten 862 eine Normannenschaar, die Waräger, als ihre Herren in das Land gerufen, um dadurch die Beendigung innerer Zerwürfnisse herbeizuführen. Die Waräger, für welche hier der Name Russen aufkam, erschienen unter der Führung von drei Brüdern, Rurik, Sineus und Truwor. Rurik wurde nach dem Tode seiner Brüder der einzige Gebieter des neugestifteten Reiches'; er hatte seinen Herschersitz in Nowgorod am Jlmensee aufgeschlagen. Sein Nachfolger machte Kiew zur Residenz. Siegreiche Kriege erweiterten das Reich nach Osten und Süden; mit kühnen Seefahrten über das schwarze Meer und in den Bosporus bis vor die Mauern von Constantinopel wurde das oströmische Reich geschreckt und gebrandschatzt. Der Enkel Ruriks, Swätoslaw, überschritt mit Heeresmacht die Donau und drang bis Adrianopel vor. Wladimir der Große, 980—1015 vermählte sich mit der griechischen Prinzessin Anna, einer Schwester der Theophania, welche die Gemahlin des deutschen Kaisers Otto Ii. war; er nahm das Christenthum an und führte dasselbe auch in seinem Volke ein, 984. Es geschah dies im Anschluß an die griechische, nicht an die römische Kirche, ein Umstand, welcher viel dazu beitrug, daß Rußland den abendländischen Völkern so lange sremd blieb. Sein großes Verdienst, christlicher Gesittung in Rußland Eingang verschafft zu haben, schmälerte er unabsichtlich dadurch, daß er bei seinem Tode das Reich unter seine Söhne theilte, deren einer, der Großfürst von Kiew, die Oberherrlichkeit verwalten und den Zusammenhang der Theile erhalten sollte. Bruderkriege, Parteiungen und die Einmischung der Nachbarn, besonders der Polen, waren jahrhundertelang die verderblichen Folgen dieser Theilungen; das Volk litt unter den räuberischen Einfällen der Grenzvölker, die Macht des Reiches verfiel/ Während dieser traurigen Zeiten wurde um 1150 Moskau gegründet. Kiew verlor an Bedeutung, und die Stadt Wladimir kam als Fürstensitz ansehnlich empor, doch auch nur vorübergehend; Nowgorod aber als eine fast selbständige Handelsrepublik und im Besitz eines weiten Gebietes erlangte große Macht und war eines der bedeutendsten Mitglieder der Hansa. Als 1287 die verwüstenden Schwärme der Mongolen aus Asien hereinbrachen fehlte in Rußland die Kraft, sich der wilden Feinde zu erwehren. Die goldene Horde der Mongolen gründete in den Gebieten der unteren Wolga das Reich von Kaptschak und hielt die russischen Fürsten und Großfürsten über 200 Jahre lang in Tributpflicht. Noch in der ersten Zeit dieser mongolischen Herrschaft erwarb sich der Großfürst Alexander Newsky, 1252—1263, durch einen Sieg an der Newa über die Schweden einen gefeierten Namen. Sein Enkel, Johann Kalita 1328—1340, begann mit Klugheit und Ausdauer die Kraft des Reiches wieder zu heben. Moskau wurde Hauptstadt, und auch der Sitz des Metropoliten wurde von Kiew hierher verlegt. Wenn auch der erste Versuch, das Mongolenjoch abzuschütteln, trotz eines großen Sieges über dieselben am Don 1380

2. Theil 3 - S. 269

1880 - Stuttgart : Heitz
Peter der Große. 269 noch vorhandene Bruder des letzten Czaren, Demetrius, auf; er sei den von Boris gegen ihn ausgesendeten Mörderhänden entgangen und mache nun Anspruch auf den ihm gehörenden Thron. Der Betrüger, ein ehemaliger Mönch, Namens Otrepjew, erlangte den Beistand des Polenköniges, und auch unter den Bojaren fand er Anhang. Boris wurde besiegt, und nach dessen plötzlichem Tode zog der falsche Demetrius 1605 in Moskau ein. Seine Herrschaft aber dauerte nur ein Jahr. Eine Verschwörung gegen ihn brach aus und in dem Tumulte wurde er vom Volke erschlagen. Nun brach eine schreckliche Verwirrung herein. Es fanden sich neue Abenteurer, welche die Rolle des Demetrius weiter spielen wollten; Bürgerkrieg und fremde Waffengewalt zerrütteten das Land, denn die Wuth der Parteien hatte die Polen und Schweden gegen einander zu Hilfe gerufen; bis Moskau drangen die Polen vor und besetzten den Kreml. Das Reich war nahe am Zerfall. Da rief ein geringer Mann aus dem Volke, Kosma Minin, seine Landsleute zur Rettung des Vaterlandes auf; sein Ruf fand begeisterte Aufnahme. Die Polen wurden zum Abzüge gezwungen, der Bürgerkrieg erlosch allmählich und den wieder hergestellten Thron bestieg 1613 Michael Feodorowitsch Romanow, durch seine Mutter mit dem alten Herrscherhause verwandt. Er regierte bis 1645, sein Sohn und Nachfolger Alexei bis 1676. Diefe ersten Romanows nicht sofort zum Ziele führte, so hatten doch die Russen ihr Selbstvertrauen wiedergewonnen und die Großfürsten von Moskau sorgten ausdauernd für die Stärkung des Reiches durch Förderung der Reichseinheit. Endlich brach Iwan Wasiljewitsch, 1462—1505, das Joch der unter einander uneinig gewordenen Mongolen, 1480. Vorher schon hatte er der Selbständigkeit der russischen Theilfürsten ein Ende gemacht; auch das reiche und mächtige Nowgorod hatte er unterworfen. Iwan nahm den Titel Czar von Großrußland an und den zweiköpfigen Adler des untergegangenen oströmischen Reiches in das Reichswappen auf. Seine Gemahlin Sophie war eine Nichte des letzten griechischen Kaisers, welcher mit seiner Hauptstadt dem Ansturm der Türken erlegen war (siehe Band Ii. S. 273). Sie förderte, so weit es ihr möglich war, die Anknüpfung Rußlands mit dem westlichen Europa. Iwan Wasiljewitsch Ii., wegen seiner wilden Gemüthsart der Schreckliche genannt, vergrößerte das Reich nach Osten hin durch die Eroberung der aus dem zertrümmerten Mongolenreiche noch übrigen Königreiche Kasan und Astrachan; mit der Unterwerfung Sibiriens wurde durch den kühnen Kosakenhäuptling Jermak ein Anfang gemacht; weniger erfolgreich waren Iwan Ii. Kriegszüge gegen die Polen. Sein Sohn Feodor, 1584—1598, war der letzte Czar aus dem Hause Rurik, welches mit ihm ausstarb. Ein jüngerer Bruder dieses Feodor, Demetrius, war noch als Knabe auf Anstiften des Boris Godunow, Feodors Günstling, ermordet worden.

3. Theil 3 - S. 278

1880 - Stuttgart : Heitz
278 Neue Geschichte. 2. Periode. Rußland. vom Rumpfe zu trennen." Der König reichte ihm den Säbel mit den Worten: „Tod den Türken und Tataren! Leben und Gnade den Unterthanen!" eine Aeußerung, die seiner Menschlichkeit Ehre macht. Peter fand den Aufruhr schon gedämpft; alle Gefängnisse waren voll. Kaum bezwang sich Peter, seine Schwester Sophia nicht zu mißhandeln; denn sie hatte vermuthlich wieder ihre Hand im Spiele gehabt. Darum wurde sie noch enger eingesperrt; vor dem Kloster, in welchem sie wohnte, wurde eine lange Reihe Galgen aufgerichtet und an diesen gegen 150 Empörer aufgeknüpft; unmittelbar vor dem Fenster der Zelle Sophia's hingen drei der Schuldigsten. Schrecklich war diesmal die Strafe der Uebelthäter; einen ganzen Monat lang floß ihr Blut auf dem Richtplatze bei Moskau. Selbst Peters Gemahlin, Eudoxia Lapuchin, wurde, weil sie den Neuerungen des Czaren abhold war, verstoßen und in ein Kloster geschickt. Um diese Zeit starb sein Freund Lesort. „Nun habe ich keinen treuen Diener mehr!" rief Peter mit Thränen aus. „Auf ihn allein konnte ich mich verlassen." Er küßte den theuern Leichnam und badete ihn mit seinen Thränen. Seine Stelle ersetzte späterhin Menschikow. Die Nachrichten über dessen Herkunft sind verschieden. Es heißt, er sei ein Pastetenbäckerjunge gewesen und habe Pasteten auf den Straßen herumgetragen. Einst kam er so auch in die Küche eines vornehmen Russen, der den Ezar zu Tische geladen hatte. Da bemerkte er, daß der Wirth in ein Lieblingsgericht des Czaren ein Pulver that. Menschikow schöpfte Verdacht, ging auf die Gaffe und wartete, bis der Czar kam. Dieser bemerkte ihn und sagte: „Gieb mir deinen Korb zum Kaufe." — „Den Korb," antwortete der Junge, „darf ich nicht ohne meines Herrn Erlaubniß hingeben. Indeß, da Euch doch alles zugehört, so nehmt ihn immerhin." — Die Antwort gefiel Petent; er befahl ihm, zu folgen und ihn bei Tische zu bedienen. Als nun das verdächtige Gericht kam, rief der Knabe den Czar bei Seite und sagte ihm, was er gesehen habe. Peter verlangte, daß der Wirth zuerst davon essen sollte, und da dieser bestürzt es ablehnte, setzte er einem Hunde davon vor, der bald darauf starb. Seit dieser Zeit genoß Menschikow das Vertrauen des Czaren und half ihm auch treulich bei der Ausführung seiner Verbesserungsplane. Das Ausland hatte dem Czaren so gefallen, daß er nichts sehnlicher wünschte, als seine Russen danach zu bilden. Mit dem

4. Theil 3 - S. 280

1880 - Stuttgart : Heitz
280 Neue Geschichte. 2. Periode. Schweden und Rußland. tete er nach Auflösung der Strelitzen ganz nach europäischem Vor-bilbe ein, ebenso eifrig erstrebte er die Grünbnng einer russischen Seemacht. Schon 1697 hatte er Asow eingenommen und sich bomit bett Zugang zu dem schwarzen Meere eröffnet; wie er feilte Macht bis an die Küste der Ostsee ausbehnte, soll in bett nächsten Abschnitten erzählt werben. 106. Karl Xii., König von Schweden, 1697—1718. Karl Xii. war ein Urenkel der Schwester Gustav Abolphs, die an einen Pfalzgrafen von Zweibrücken vermählt gewesen war. Als fein Vater starb, war er noch nicht 15 Jahre alt. Daher verwaltete anfangs feine Großmutter, eine verstänbige Frau, die Regierung. Aber die Schweden wollten nicht gern unter der Herrschaft einer Frau stehen und übertrugen daher balb dem jungen Karl die Regierung. Er zeichnete sich als Knabe durch nichts aus, und man hielt ihn allgemein für einen sehr mittelmäßigen Kopf. Schweden hatte bamals einen viel großem Umfang als jetzt. Auch Finnlanb, Jngermannlanb (wo jetzt Petersburg liegt), Esth-lctttb uttb Lievlanb gehörten bett Schweden. Darüber waren aber die Nachbarn längst eifersüchtig gewesen uttb hatten nur auf eine Gelegenheit gewartet, über Schweden herzufallen und ihm die Febern auszurupfen. Jetzt glaubten sie, fei die Gelegenheit gekommen. Peter der Große, August Ii. von Polen und Friedrich Iv. von Dänemark schlossen ganz insgeheim einen -Bunb, und wirklich merkte auch Karl nichts bavon. Plötzlich brachen die Dänen in Holstein ein, welches bamals einem Schwager des Königs von Schweden gehörte, währenb sich August auf Lievlanb warf. Als Karl bies erfuhr, sprach er: „Es ist wunberlich, daß meine beibett Vettern Krieg haben wollen. Es mag also barum sein. Wir haben eine gerechte Sache; Gott wirb uns wohl helfen. Ich will die Sache erst mit dem einen abthun und hiernächst kann ich alle Zeit mit dem ctnbern sprechen." Seit der Zeit hatte er keinen Sinn mehr für Hoffeste. Matr sah ihn sich lebhaft mit bett alten Generalen feines Vaters und Großvaters unterhalten und ein ganz neuer Geist war in ihn gefahren. Alles war nun gespannt, was Karl thun würde. Sein Feuergeist wollte die Sache schnell entfchieben wissen und darum beschloß er, auf Seelanb zu tauben und dem Könige von Dänemark einen solchen Schrecken einzujagen, daß er Frieden machen müßte. Ge-

5. Theil 3 - S. 289

1880 - Stuttgart : Heitz
Karl Xis. in der Türkei. 289 Sorge zu äußern pflegte, und selbst über seine Wunde und über das Unglück bei Pnltawa nicht die geringste Gemüthsverstimmung zeigte; aber dieser Verlust rührte sein Herz so sehr, daß Augen, Hände und Sprache die tiefste Traurigkeit verriethen und er lange in diesem Zustande blieb." An seine jüngere Schwester schrieb er bald daraus: „Meine einzige Hoffnung ist, daß meine Herzensschwester sich bei fester Gesundheit befinden möge. Unser Herr erhalte sie ferner und mache mich einst so glücklich, sie noch einmal zu sehen. Diese Hoffnung macht mir das Leben noch einigermaßen werth, seit ich die Betrübniß erduldet habe, die ich nicht zu überleben glaubte. Denn mit frohem Muthe würde ich alles ertragen haben, wenn ich nur so glücklich gewesen wäre, von uns drei Geschwistern der erste zu sein, der sein ihm abgestecktes Ziel erreicht hätte. Nun hoffe ich wenigstens nicht so unglücklich zu sein, der letzte von uns zu werden." Bis so weit war Karl gekommen; aber was sollte nun weiter geschehen? — Ohne Heer sich durch Polen oder Deutschland nach Schweden zurückzuschleichen, war für den stolzen Mann ein entsetzlicher Gedenke. „Wie?" dachte er, „wenn du den Sultan zu einem Kriege gegen Rußland bewegen könntest?" — Und nun bot er alles dazu auf. Anfangs hatte Achmet keine Ohren dafür; aber Karl brachte es dahin, daß zwei Veziere, die vom Kriege abriethen, abgesetzt wurden, und selbst die Mutter des Sultans wurde bestochen. „Wann willst du," fragte sie ihren Sohn, „endlich meinem Löwen beistehen, daß er den Czar verschlinge?" — Achmet ernannte einen neuen Großvezier, Baltadschi Mehernet, und befahl ihm: „Führe das Heer gegen die Russen!" — „Gut," sagte Mehernet, „mein Schwert in der einen und den König an der andern Hand, will ich ihn an der Spitze von 200,000'Mcrntt nach Moskau führen!" — Im Geiste sah sich Karl schon in Moskau, und beinahe wäre es auch so weit gekommen. Czar Peter hatte indessen in Moskau einen herrlichen Triumph gehalten. Durch sieben Triumphpforten zog er ein. Hinter ihm her wurden nicht nur die gemeinen schwedischen Gefangenen, sondern selbst die berühmten Generale Karls geführt; ein großer Verstoß gegen das Zartgefühl, mit dem man jeden Unglücklichen behandeln muß.*) Auch sah man unter der Beute den zerschossenen Trag- *) Ein Augenzeuge erzählt: Mm dritten Tage nach unserer Ankunft in Moskau war der Triumphzug mit allen schwedischen Gefangenen. Der Marsch Weltgeschichte für Töchter. Iii. 16. Aufl. 19

6. Theil 3 - S. 301

1880 - Stuttgart : Heitz
Anna Jwanowna. 301 will machen," rief Peter mit dem Fuße stampfend, „daß du wissen sollst, daß ich Kaiser bin und daß ich Gehorsam verlange!" Bald darauf gelang es Menfchikows Feinden, den Kaiser ganz gegen ihn einzunehmen; es wurde ihm Arrest angekündigt, und er endlich verurteilt, fein ganzes übriges Leben in Beresorv, einem Städtchen in Sibirien, zuzubringen. Seine Frau, die sich blind geweint hatte, starb aus der Reise. Auch seine Tochter, die er zur Kaiserin bestimmt hatte, tödtete bald der Gram. Er selbst verfiel in Trübsinn und starb schon zwei Jahre nach seiner Verbannung (1729). Indessen hatten die Dolgorucki sich alles Einflusses auf den jungen Kaiser bemächtigt und ihn bewogen, eine Schwester seines Günstlings Iwan zu seiner künftigen Gemahlin zu erwählen. Aber auch sie erreichten ihren Zweck nicht — Peter starb schon 1730 an den Blattern. Mit Peter war der Mannsstamm der Romanow's ausgestorben. Außer den vorerwähnten beiden Töchtern Peters des Großen gab es am russischen Hose noch zwei zur Thronfolge berechtigte Prinzessinen: die Töchter Iwans, des schwachsinnigen Stiefbruders Peters des Großen. Die ältere, Katharina, war vermählt mit dem Herzoge von Mecklenburg-Schwerin und eignete sich als Gemahlin eines auswärtigen Fürsten nicht wohl zur Thronfolge. Die jüngere dagegen, Anna Jwanowna, Wittwe des Herzogs von Kurland, schien dazu am besten geeignet und wurde auch von dem Senate und den russischen Großen zur Kaiserin gewählt. Anna Jwanowna (1730—40) bestieg zwar den russischen Thron, mußte aber zugleich eine sie sehr beschränkende Wahlcapi-tulatiou unterschreiben. Sie that es ohne Bedenken, entschlossen, diese Schranke ihrer Selbstständigkeit zu zerbrechen, sobald die Umstände es ihr erlauben würden. Nachdem sie die Garde für sich gewonnen und unter dem niedern Adel eine starke Partei zusammengebracht hatte, beschloß sie zu handeln. Besonders bediente ‘sie sich dabei des Rathes zweier wichtiger Männer, beide geborene Deutsche: des Vicekanzlers Ostermann, eines Predigersohnes aus Westfalen, und des Feldmarschalls Münnich, Sohn eines ostsriesischen Deichinspectors aus Oldenburg. Als sie in der dritten Woche nach ihrer Thronbesteigung nach Moskau zur Krönung kam, überreichten ihr 600 Edelleute, an deren Spitze drei russische Fürsten standen, eine Bittschrift des Inhalts, daß das Volk die Wiederherstellung der unumschränkten Regierung wünsche. Anna stellte sich erstaunt;

7. Theil 3 - S. 303

1880 - Stuttgart : Heitz
Dritte Uerioöe. Dort Friedrichs des Großen Thronbesteigung bis zum Anfange der französischen Revolution, *740—*78% 108. Friedrich der Große und seine Vorfahren. &toei Jahre nachdem Johann Hnß in Kostnitz den Märtyrertod erlitten hatte, belehnte Kaiser Sigismund den Burggrafen von Nürnberg, Friedrich I., aus dem Hause Hoheuzollern, mit dem Kurfürstenthum Brandenburg, 1417. Seit dieser Zeit sitzt dieses Fürstengeschlecht auf dem brandenbnrgischen, jetzt preußischen Throne. Es giebt wohl kaum ein Regentenhaus, von dem man, wie von diesem, rühmen könnte, daß es wohl einige schwache, aber keinen einzigen böswilligen Fürsten gehabt habe. Die wichtigsten Ereignisse der Fürsten dieses Hauses mögen hier nach der Zeit-folge stehen. Joachim Ii. (1535—71) führte die Reformation in den brandenburgischen Ländern ein, und mit Freudigkeit bekannten sich seine Unterthanen zu der lutherischen Lehre (1539). Ferner erlangte er vom Könige von Polen, Sigismund, daß dieser ihm die Mitbelehnung des Herzogthums Preußen (Ostpreußen) ertheilte. Der Großmeister des deutschen Ordens in Preußen, Albrecht von Brandenburg, mar nämlich im Jahre 1525 zur lutherischen Kirche übergetreten und hatte das bisherige Ordensland Preußen in ein erbliches Herzogthum verwandelt, doch so, daß sein Land noch immer ein Lehen von Polen blieb. Wenn nun Albrechts Haus ausstarb, so wäre Preußen an Polen zurückgefallen. Darum suchte und erlangte Joachim, als ein naher Anverwandter des

8. Theil 3 - S. 369

1880 - Stuttgart : Heitz
Peter Iii. Katharina Ii. 369 insgeheim war sie mit einem Grafen Alexei Rasumowski vermählt, der früher Chorsänger gewesen nnb von der Kaiserin zu hohen Ehrenstellen erhoben worden war. Da sie keine Nachkommenschaft hatte, so erklärte sie bald nach ihrer Thronbesteigung ihren Neffen, Karl Peter Ulrich, den Sohn ihrer älteren Schwester Anna und des Herzogs Karl Friedrich von Holstein-Gottorp, zum Großfürsten und Thronfolger und vermählte ihn mit Katharina, Prinzessin von Anhalt-Zerbst, auf welche Friedrich der Große aufmerksam gemacht hatte, denn ihr Vater stand als General in der preußischen Armee. Dieser Thronfolger bestieg, als Elisabeth am 5. Januar 1762 starb, als Kaiser Peter Iii. den Thron. Er bezeichnete seinen Regierungsantritt durch Milde, indem er die meisten unter Anna und Elisabeth nach Sibirien verwiesenen Staatsbeamten, unter ihnen Lestocq und den alten Münnich, zurückrief. Er wollte sich selbst die Freude machen, die beiden alten Feinde, Münnich und Birou, zu versöhnen. Als beide vor ihm Mm ersten Male erschienen, befahl er, drei Gläser Wein zu bringen, reichte jedem eins, nahm selbst das dritte und trank es ihnen zu. In diesem Augenblicke wurde er abgerufen. Beide Feinde standen eine Zeit lang mit den Gläsern in der Hand, starr und sprachlos einander gegenüber; endlich setzte jeder sein Glas hin und kehrte dem andern den Rücken zu. Peter verstand nicht, sich die Liebe seiner Unterthanen zu erwerben. Schon seine deutsche Abkunft, noch mehr der Vorzug, den er seiner holsteinischen Garde vor der russischen gab, seine geringe Achtung vor der Geistlichkeit und den Ceremonien der griechischen Kirche, und feine Vorliebe für den damals in Rußland nicht beliebten König von Preußen machten ihn verhaßt. Er liebte Friedrich den Großen so, daß er nicht nur, wie schon gesagt, sogleich Frieden und Bündniß mit ihm schloß, sondern auch dem russischen Militair einen preußischen Zuschnitt geben wollte. Er sprang einmal von der Tafel auf, warf sich, mit dem Weinglase in der Hand, vor dem Bildnisse des Königs nieder und rief: „Mein Bruder, wir werden miteinander die Welt erobern!" und da er außerdem rücksichtslos die russischen Gewohnheiten hintansetzte und lächerlich machte und eine Menge anderer Thorheiten beging, so wandten sich die Russen immer mehr von ihm ab und seiner Gemahlin zu, mit welcher er nicht in gutem Einvernehmen lebte, die es aber besser verstand, sich dem russischen Wesen anzuschmiegen und sich Anhänger zu erwerben. Um Katharina bildete sich nun eine Partei, die täglich Weltgeschichte für Töchter. Iii. 16. Aufl. 24

9. Theil 3 - S. 371

1880 - Stuttgart : Heitz
Peters Iii. Tod. Katharina Ii. 371 nach der gegenüberliegenden Insel und Festung Kronstadt segeln, deren Garnison sich noch nicht entschieden hatte, und sich der dortigen Flotte bemächtigen. Während Peter noch schwankte und dadurch Zeit verlor, kam die Nachricht, die Kaiserin sei in Anmarsch mit 20,000 Soldaten. In Hast schiffte sich Peter mit seinem Gefolge nach Kronstadt ein. Hier hatte sich indessen alles geändert; die Soldaten waren für die Kaiserin in Eid und Pflicht genommen, und als die Jacht, auf welcher der Kaiser sich befand, anlegen wollte, rief die Schildwache: „Wer da!" — „Der Kaiser!" antwortete man vom Schiffe. „Es giebt keinen Kaiser mehr!" —Bei diesem Ruse springt Peter vor, schlägt seinen Mantel auf, um seinen Ordensstern sehen zu lassen, und ruft: „Ich bin es selbst! Kennt ihr mich nicht?" Aber die Wache hält ihm die Bajonnete entgegen und droht Feuer zu geben, wenn er sich nicht augenblicklich entferne. „Fort mit dem Schiff! Hoch lebe Katharina!" schreit die an der Küste stehende Menge. Peter sinkt in die Arme seiner Begleiter und sagt weinend: „Die Verschwörung ist allgemein; seit dem ersten Tage meiner Regierung habe ich es so kommen sehen!" Die Barke blieb während der Nacht auf der See. Katharina war mit ihren Regimentern die Nacht zwischen Petersburg und Peterhof geblieben. Indessen zeigte sich der unglückliche Kaiser ganz rathlos; noch einmal verlangte er Münnichs Rath. Dieser meinte, noch fei nichts verloren; er solle nach Preußen fliehen zu seinem dort stehenden Heere und mit demselben zurückkehren ; aber Peter konnte sich auch nicht dazu entschließen, sondern befahl, ihn bei Dranienbaum ans Land zu setzen, um mit Katharina zu unterhandeln. Er ließ sie bitten, ihn nach Holstein zu entlassen. Statt der Antwort sandte sie eine Entsagungsacte, die er zu unterzeichnen habe. Er unterschrieb ohne Weigerung und wurde zu Wagen nach Peterhof, von hier nach einem Landgute, sechs Stunden von Petersburg, geführt. Aber die Anhänger der Kaiserin hielten den Tod des entthronten Fürsten zur Sicherung ihrer Pläne für nothwendig. Alexei Orlow begab sich mit einigen andern Verschworenen zu dem Gefangenen und unter ihren Händen endete er am 17. Juli sein Leben. Von Katharina ist der Befehl zu dieser schrecklichen That nicht ausgegangen, aber daß sie straflos bleiben würden, haben die Männer, welche sie vollbrachten, wohl gewußt. Am andern Tage wurde bekannt gemacht, daß der gewesene Kaiser an einem Ansalle von Kolik, an welcher er bisweilen litt, gestorben sei.

10. Theil 3 - S. 373

1880 - Stuttgart : Heitz
Russisch-türkische Kriege. 373 Kosacken am Jaik zurück und entwarf den Plan zu einem neuen Aufstande. Er gab sich für Kaiser Peter Iii. aus; die Nachricht von seinem Tode sei falsch, er sei damals entkommen und wolle nun an der Spitze der Kosacken in Rußland vordringen, alles niederwerfen, überall neue Beamte einsetzen und die Krone seinem Sohne Paul übertragen. Die Kosacken glaubten ihm; sie geriethen in Bewegung; sein Anhang mehrte sich von Tage zu Tage. Er bemächtigte sich mehrerer kleinen Festungen, schlug die gegen ihn gesandten Heerhaufen und wurde wirklich von den unwissenden Umwohnern des Flusses Ural für den Kaiser gehalten. Ueberall, wohin die wilden Ausrührer kamen, wurde fürchterlich gehaust, Kasan erstürmt und verbrannt, und eine Menge Menschen niedergehauen oder hingerichtet. Der Aufruhr verbreitete sich immer weiter; 20,000 Mann gehorchten bereits Pugatfchews Befehlen. Endlich, nachdem die Empörung länger als ein Jahr gewährt hatte, gelang es dem Oberst Michelsohn, die Rebellen entscheidend zu schlagen. Mit nur 30 Kosacken floh Pugatschew über die Wolga, irrte in der Steppe umher und wurde von allen Seiten umstellt. Seine Begleiter, die seine Sache verloren sahen, beschlossen, durch seine Auslieferung sich die Verzeihung der Kaiserin zu erwerben. Als er eines Tages, in Nachdenken vertieft, in seinem Zelte saß, drangen sie ein und umringten ihn. „Wir sind dir lange genug gefolgt," sprach einer; „jetzt ist die Reihe an dir, uns zu folgen." Sie banden ihn und führten ihn nach Uralsk. Von hier ließ ihn Suwarow, der herbeigeeilt war, nach Moskau abführen, wo er anderthalb Jahr nach dem Beginn des Aufruhrs (1775) mit mehreren seiner Genossen hingerichtet wurde. Seitdem ist die Herrschaft Katharinas ungestört geblieben, wohl aber mag sie im Besitz und Genuß der größten irdischen Herrlichkeit noch gar manchesmal, von Sorgen und Erinnerungen bewegt, mit wehmüthiger Sehnsucht an die glücklichen Jugeudtage in Stettin zurückgedacht haben. Mit den Türken wurden unter der Regierung Katharina Ii. zwei blutige Kriege geführt, von 1768—74, und von 1787—91. Im ersten Kriege hatte sie die unter dem türkischen Joche seufzenden Griechen durch lockende Versprechungen zur Empörung gegen ihre Zwinger gereizt. Aber so glücklich auch die Russen fast überall gegen die Türken waren, so wenig wurden die Griechen unterstützt und endlich von den Türken ganz in die Enge getrieben. Jetzt metzelten die Türken schonungslos unter den armen Menschen, die
   bis 10 von 50 weiter»  »»
50 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 50 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 2
3 0
4 4
5 8
6 0
7 3
8 0
9 0
10 29
11 2
12 13
13 0
14 0
15 0
16 3
17 1
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 1
25 5
26 0
27 1
28 6
29 0
30 0
31 13
32 0
33 5
34 3
35 0
36 2
37 22
38 0
39 1
40 13
41 0
42 0
43 0
44 0
45 3
46 1
47 1
48 0
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 20
1 246
2 20
3 48
4 23
5 26
6 22
7 50
8 226
9 108
10 8
11 11
12 38
13 55
14 42
15 85
16 261
17 1122
18 14
19 145
20 141
21 82
22 59
23 281
24 16
25 26
26 46
27 12
28 101
29 62
30 17
31 36
32 29
33 12
34 44
35 117
36 48
37 38
38 58
39 338
40 43
41 63
42 79
43 86
44 18
45 221
46 37
47 13
48 27
49 14
50 30
51 71
52 153
53 5
54 37
55 84
56 95
57 4
58 39
59 31
60 104
61 5
62 13
63 25
64 73
65 34
66 11
67 70
68 76
69 48
70 23
71 87
72 14
73 14
74 88
75 78
76 107
77 391
78 50
79 13
80 88
81 19
82 199
83 60
84 26
85 66
86 62
87 160
88 120
89 30
90 83
91 65
92 640
93 20
94 429
95 17
96 79
97 54
98 517
99 7

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 1
1 0
2 0
3 0
4 2
5 0
6 1
7 0
8 0
9 0
10 1
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 1
17 0
18 1
19 3
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 0
26 3
27 0
28 0
29 0
30 2
31 1
32 0
33 10
34 0
35 2
36 0
37 0
38 0
39 1
40 1
41 0
42 1
43 0
44 4
45 0
46 0
47 0
48 1
49 17
50 3
51 0
52 0
53 0
54 3
55 0
56 0
57 4
58 1
59 12
60 0
61 3
62 0
63 0
64 0
65 4
66 0
67 1
68 0
69 0
70 0
71 0
72 0
73 3
74 0
75 3
76 0
77 1
78 0
79 0
80 1
81 11
82 0
83 0
84 0
85 1
86 0
87 14
88 15
89 0
90 0
91 1
92 0
93 0
94 0
95 0
96 0
97 0
98 2
99 0
100 5
101 0
102 2
103 0
104 0
105 0
106 0
107 0
108 0
109 0
110 0
111 0
112 1
113 0
114 0
115 0
116 5
117 0
118 0
119 0
120 0
121 2
122 1
123 1
124 0
125 1
126 0
127 1
128 0
129 4
130 0
131 1
132 0
133 0
134 2
135 0
136 0
137 0
138 0
139 0
140 4
141 0
142 0
143 4
144 0
145 0
146 0
147 0
148 0
149 0
150 6
151 2
152 1
153 1
154 1
155 1
156 3
157 3
158 0
159 0
160 0
161 0
162 0
163 0
164 0
165 0
166 1
167 0
168 1
169 2
170 0
171 2
172 0
173 1
174 0
175 5
176 4
177 9
178 0
179 0
180 0
181 0
182 9
183 4
184 0
185 0
186 0
187 0
188 0
189 0
190 0
191 0
192 0
193 0
194 0
195 0
196 3
197 0
198 0
199 0